Unsere Hände sind nicht für das Gitarrespielen gemacht. Schon gar nicht für Barrégriffe. Denn hierbei muss ein Finger mehrere Saiten auf einmal herunter drücken und zusätzlich sind noch weitere Finger zu setzen. Also insgesamt eine schwierige Sache für die Greifhand. Ich zeige dir, wie du das Schritt für Schritt meistern kannst.
Kleine und große Barrés
Der „kleine“ F-Griff über vier Saiten (vgl. „Garantiert Gitarre Lernen“ S. 84) ist für Anfänger bereits eine Herausforderung. Der Zeigefinger drückt hierbei zwei Saiten gleichzeitig herunter (so genannter kleiner Barré). Mehr Kraftaufwand braucht man für einen großen Barré, bei dem der Zeigefinger alle sechs Saiten herunterdrücken muss, wie z.B. beim „großen“ F-Griff.
Gleich zu Beginn eine Warnung: Übe Barrégriffe nicht zu lange am Stück! Spätestens, wenn sich die Hand verkrampft, solltest du eine Pause einlegen und die Finger lockern. Sonst sind langwierige Sehnenscheidenentzündungen (so lang wie das Wort) die Folge.
Du solltest die ganze Barrégeschichte langfristig betrachten, also auf mehrere Monate bis ein Jahr anlegen, damit deine Finger und Hände die notwendige Kraft und Beweglichkeit entwickeln können. Die Muskeln müssen genügend Zeit bekommen, um sich herauszubilden, ebenso die Sehnen, um sich an die Haltungen und Bewegungen zu gewöhnen. Diese Fertigkeiten gehen auch wieder zurück, wenn sie nicht regelmäßig verwendet werden. Um in Übung zu bleiben, reicht es vollkommen aus, die Songs zu spielen, in denen Barrégriffe vorkommen.
Einüben
Ich schlage dir vor, mit einem leichteren Barrégriff zu beginnen. Also nicht gerade mit F am I. Bund, denn den halte ich am Anfang für zu schwierig! Nimm F#m am II. Bund. Beim F#m sind neben dem Zeigefinger nur zwei weitere Finger zu setzen. Außerdem gelingt ein Barré am II. Bund etwas leichter als am I. Bund. Der passende Song ist Stand By Me von Ben E. King.
Akkordfolge immer im Kreis:
||: A | | F#m | | D | E | A :||
a) Einfaches Schlagmuster zum Einüben der Akkordwechsel:
b) Zum Song passendes Schlagmuster:
Locker zum Ziel
Um den besten Trainingserfolg zu erzielen und Überanstrengungen zu vermeiden, gehe vor wie beim Sport: in kleinen, lockeren Einheiten, die sich erst nach und nach steigern. Übe Barrégriffe nie zu lange am Stück! Am Anfang sind z.B. 5 Sekunden ausreichend. Lockere dann die Hand und die Finger und mache eine kleine Pause. Nach mehreren Wiederholungen solltest du etwas anderes machen. Jedes Mal, wenn du die Gitarre in die Hand nimmst, beschäftige dich einfach auch kurze Zeit mit den Barrégriffen – sagen wir für fünf Minuten. Viele kleine Trainingseinheiten werden dich zum Ziel führen!
Nachbemerkung und Ausblick Ich habe schon Leute gesehen, die alles mit Barrégriffen gespielt haben und dabei fleißig den Gitarrenhals hoch und runter rutschten. Das ist natürlich nicht Sinn und Zweck. Barrés sind nur eine weitere Möglichkeit, um Akkorde auf der Gitarre zu spielen. Man kann damit allerhand anstellen. Aber das bedeutet nicht, dass der „große“ Barrégriff die Antwort aller Akkordfragen ist. Für fast jeden Akkordgriff gibt es Alternativen. So kann man denjenigen Griff auswählen, der am besten zum Song oder zu einem Songteil passt.
kristalltropfen@yahoo.de
Ich habe eine Frage, reicht es wenn der Zeigefinger beim Barregriff nur die Seiten herunterdrückt , die leer bleiben würden, wenn sie nicht von den anderen Fingern gedrückt würden. Sie werden ja dann von zb. Mittelfinger oder Ringfinger eh heruntergedrückt. Würde um einiges einfacher sein. Vielen Dank Susan
Bernd
Hallo Susan,
ich hoffe, dass ich deinen Gedanken richtig verstehe. Du meinst also, dass der Zeigefinger je nachdem, was die anderen Finger greifen, nur die übrigen Saiten herunterdrückt? Das kann in Einzelfällen mal möglich sein, allerdings sind die Finger voneinander nicht ganz unabhängig, so dass es eher eine theoretische Überlegung bleibt. Du wirst um dass Training des Barrés so nicht herumkommen. Das Einüben von Barrégriffen braucht einfach einige Zeit und Mühe, bleib einfach dran. Ich wünsche dir gutes Gelingen!
Beste Grüße, Bernd
Bettina.D
Hallo,
ich habe eine linksseitige Westerngitarre und bin durch eine Deformation des 5.Fingers zusätzlich eingeschränkt. Rechtsseitig ist der 5.Finger bedingt durch eine Amputation nicht mehr vorhanden.
Das bedeutet für mich starke Einschränkungen in den Griffen. Gibt es da auch Alternativen um z.B. Barree, Dur und moll zu spielen? Grundakkorde In Duren gehen gut(A,E,C,D,d-moll,a-moll)
Bei anderen wie F,b,h-dur, h- moll usw. ist eine Herausforderung die ich nie hinbekomme,aber ich möchte nichts unversucht lassen um dies zu meistern, da Musik mein Leben sehr bereichert. Kannst Du mir Alternativen in einfacher Form anbieten?
Mit ganz lieben Grüssen
Bernd
Liebe Bettina,
es gibt Möglichkeiten, auch mit einem Handicap Gitarre zu spielen. Django Reinhardt hatte neben dem Daumen nur zwei Finger und gilt bis heute als der Gitarrist des „Zigeunerjazz“. Ich denke aber, dass die Lösungen so individuell sind, wie wir Menschen verschieden sind, und es auch einen eigenen Weg für dich gibt.
Zum Beispiel kannst du bei dem großen Barrégriff in E-Form (= F-Dur und verschoben) versuchen, die beiden benachbarten Töne (A- und D-Saite) zusammen mit dem Ringfinger zu greifen. Ebenso kannst du mit den Barrégriffen in A-Form verfahren (drei benachtbarte Töne mit dem Ringfinger). Auch könntest du andere Gitarrenstimmungen ausprobieren, wodurch sich die Griffe ändern und gegebenenfalls für dich erleichtern.
Ich wünsche dir viel Erfolg und weiterhin viel Freude an der Musik!
Bernd Brümmer